It’s relationship, stupid! Worauf es in der Kommunikation jetzt ankommt

Written by
Jörg Lenuweit
Content Strategist

Vor wenigen Jahren machte in Anlehnung an den Bill Clinton-Wahlkampfslogan aus den 90ern der Spruch „It’s content, stupid!“ die Runde. Seitdem wurde der Begriff Content von den Marketingkommunikatoren heftig umarmt, hochgejubelt, gefeiert, kampagnenmäßig geplant, durch sämtliche Dörfer getrieben — und verbrannt. Das große Content-Versprechen von spannenden Unternehmensgeschichten (oder zumindest nützlichen Inhalten) für interessierte Leser geriet mehr und mehr zum enervierenden Dauergerausche aus dem digitalen Raum. „Das Gelabere hieß im Fachjargon Content, was früher mal Inhalt bedeutete, aber das ist lange her“, konstatierte Brand Eins Kolumnist Wolf Lotter unlängst.

Höchste Zeit daher, die Begriffe noch mal etwas zurecht zu rücken. Worum geht es wirklich?

Nichts hat in der Geschäftswelt heute einen höheren Stellenwert, als die persönliche Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden und anderen Stakeholdern. Und die Kommunikation hatte von jeher die Aufgabe, das Vertrauen aufzubauen, das für nachhaltige Beziehungen notwendig ist — wenn man so will, ist das im Ende vielleicht sogar ihre einzige Aufgabe. Vertrauen und Beziehung — das ist die Antwort auf das WARUM? hinter der Kommunikation.

Veränderung, bitte!

Diese Basisaufgabe der Kommunikation ist im Zeitalter der Digitalisierung aus dem Blick geraten. Lange Zeit beherrschte das Mantra Reichweite das Denken der digitalen Marketers. Doch in Zeiten von Vertrauensverlust, den sich Medien, Unternehmen, Politik und Organisationen ausgesetzt sehen, in Zeiten von Fake-News und Hate-Speech mehren sich die Anzeichen, dass sich die Menschen eine Veränderung im digitalen Raum wünschen bzw. ihr Kommunikationsverhalten bereits aktiv ändern und Marken sich darauf einstellen müssen.

Den großen Plattformen und ihrem Fokus auf Reichweite misstrauen die Menschen mehr und mehr. Sie ziehen sich zurück und versammeln sich in kleineren Kreisen um digitale Lagerfeuer. Sie suchen geschützte Räume auf, in denen sie andere Menschen treffen, mit denen sie Interessen teilen, die sie persönlich kennenlernen und denen sie gewillt sind, ihre volle Aufmerksamkeit zu schenken.

Das bedeutet vielleicht das Ende der großen Plattformen mit ihren monströsen Reichweite-Fetisch. Das bedeutet aber zugleich einen radikal anderen Auftrag für das Digital- und Content-Marketing. Es muss sich abkehren von der anonymen Masse und sich auf den einzelnen Menschen konzentrieren.

Um das zu erreichen — tragfähige und vertrauensvolle Beziehungen zu anderen Menschen aufbauen — müssen die Macher der digitalen Kommunikation eine neue Perspektive auf ihre Arbeit entwickeln. Bedeutet: sich auf ihre ursprüngliche Bestimmung zurückbesinnen.

Content ist mehr als „Material“

Für die Content-Strateg*innen und -Kreatoren gilt es zum Beispiel, an der unmittelbarsten Form von Content anzusetzen: am Gespräch. Welchen Stoff — welches Thema — kann ich meinem Gegenüber im digitalen Raum anbieten, an dem derjenige oder diejenige gerne anknüpfen? Wie muss dieser Stoff gestaltet sein, damit jemand den Faden gerne und eifrig aufnimmt, um ihn gemeinsam weiterzuspinnen? Dies ist etwas anderes als der identitätsstiftende Content, bei dem sich die Menschen durch das häufige Teilen ihrer eigenen Identität versichert haben. Nein, jetzt geht es darum, Inhalte zu erschaffen, die zur Partizipation und Diskussion einladen, die nachhaltige und tiefgreifende Beziehungen unterstützen und vorantreiben.

 

X-beliebiger Content, der für ein disperses Massenpublikum erstellt wurde, reicht dafür nicht aus. Um Gespräche und Beziehungen anzuknüpfen, müssen die Inhalte persönliche Bedürfnisse der Leser*innen Zuschauer*innen oder Zuhörer*innen berühren. Dafür müssen die Content-Kreatoren sich genauer mit diesen auseinandersetzen, zum Beispiel auch mit Hilfe von Daten und Analysen. Und es muss ihnen gelingen, den Ton zu treffen, der die Rezipienten emotional mitnimmt. Leistet der Content dies, hat er einen sehr viel höheren Wert, als das „Material“, das in der Reichweiten-Ära in Massen verschleudert wurde.

Digital, aber jetzt persönlich

Für die Digital-Strateg*innen und -Gestalter*innen geht es darum, die Grundlage für die nachhaltigen Beziehungen zwischen Unternehmen und Kunden sowie zwischen anderen Bezugsgruppen zu schaffen und diese Beziehungen kontinuierlich zu managen, auszubauen und deren Wirkung zu bewerten.

Personalisierung von Reichweite Hier bedarf es eines umfassenden strategischen Blicks:

  • Wer sind die relevanten Bezugsgruppen, zu denen Unternehmen und Organisationen eine Beziehung aufbauen sollten?
  • Auf welchen digitalen Plattformen verbringen diese Menschen ihre Zeit?
  • Zu welchen Themen und in welchen Formaten tauschen sie sich aus?
  • Welche Rolle können Unternehmen in diesen Beziehungen spielen, welchen Beitrag können sie leisten?
  • Digitale Disziplinen wie SEO, Programmatic Advertising, digitale Banner oder andere Mittel, die bislang vor allem im Dienste der Reichweite genutzt wurden, werden dadurch nicht obsolet. Sie ändern aber ihre Ausrichtung — von Reichweite hin zu Personalisierung.

Aufrichtige Beziehungen ermöglichen

Vertrauensvolle Beziehungen im digitalen Raum zu stiften und zu entwickeln — das verstehen wir im Archetype Digital & Content Team als unsere Mission: Wir kümmern uns um Beziehungen — darum, sie aufzubauen, zu intensivieren, zu erhalten und diese kommunikativ und wirtschaftlich zu nutzen. Das erreichen wir, indem wir eine Kommunikation ermöglichen, die die aufrichtige persönliche Begegnung vor Wirkung und Reichweite setzt.

Wie wir das machen? Davon werden wir hier in Kürze mehr berichten. Also — stay tuned!

Written by
Jörg Lenuweit
Content Strategist